Die Digitalisierung hat schon viele Bereiche verändert, kaum mehr jemand schreibt Briefe oder rennt mit Einzahlungsscheinen zum Postschalter. Auch wenn die meisten KMU mittlerweile ihre Belege elektronisch ihrer Treuhänderin oder ihren Treuhänder schicken, ist die Verarbeitung ins Buchhaltungssystem mit vielen Handgriffen verbunden. So verändert sich für KMU wenig, da die Buchhaltungsdaten bis zum Jahresabschluss nach wie vor ungenutzt bleiben. Das geht auch anders. Immer mehr Treuhandunternehmen erkennen das Potenzial von digitalen Lösungen, mit denen sie Kunden anhand von tagesaktuellen Daten und Analysen noch besser begleiten und im Alltag unterstützen.

«Ein echter digitaler Treuhänder wirkt als CFO» sagt Kilian Perrin, CEO Accounto AG
Digitalisierung. Ein Begriff, der sich zu einem regelrechten Buzzword entwickelt hat. Gibt es doch kaum noch ein Artikel, Seminar oder Meeting, wo die Thematik unbehandelt bleibt. Bei dieser Flut an Informationen den Überblick zu behalten und die richtigen Entscheidungen zu treffen, stellt eine Herausforderung dar. Dabei gilt es auch im eigenen Unternehmen, die Digitalisierung systematisch und ganzheitlich anzugehen und sich vom analogen Denken zu befreien.
Analoges Denken verhindert echte Innovation
Viele Digitalisierungsprojekte orientieren sich an einer analogen Referenz. Das Resultat: neuer Wein in alten Schläuchen.
Ein Beispiel? Obwohl heute zahlreiche Aussendienstmitarbeitende ihre Belege digital via Cloud einreichen, hat sich an der anschliessenden Verarbeitung kaum etwas verändert. Anstatt die Belege schriftlich in einem Journal zu erfassen, werden diese nun einfach von der Buchhaltung manuell in eine Software eingepflegt. Dabei sind auch Abstimmungsarbeiten (Debitoren und Kreditoren) trotz E-Banking & Co. nach wie vor von zahlreichen manuellen Arbeiten geprägt. Entsprechende Software gab es allerdings bereits in den 1980er-Jahren. Mit der Digitalisierung und Fortschritt hat dies herzlich wenig zu tun.
Die Cloud und vermeintliche «Digitalisierung» hat bis auf Zusatzkosten für die IT-Infrastruktur in sehr vielen Betrieben kaum Mehrwerte gebracht, insbesondere nicht für Treuhandunternehmen. Diese These unterstützt beispielweise die laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) stagnierende Arbeitsproduktivität und der ausgeprägte Fachkräftemangel innerhalb der Treuhandbranche. Damit Unternehmen nachhaltig von der Digitalisierung profitieren, bedarf es einem neuen Digitalisierungs- und Service-Verständnis. Geschieht dies nicht, verpuffen noch mehr finanzielle Mittel in analoge Digitalisierungsprojekte.
Digitale Transformation als Schlüssel
Wissenschaft, Beraterinnen und IT-Experten greifen in letzter Zeit häufig auf den Begriff der «digitalen Transformation» zurück. Befasste sich die Digitalisierung mit der Mikro-Ebene (Prozesse), setzt sich die digitale Transformation mit der ganzheitlichen Veränderung von Unternehmen auseinander. Dabei interessiert vor allem auch, wie sich etablierte Unternehmen an die neuen Marktbedingungen anpassen müssen. Denn Megatrends wie beispielsweise der digitale Konsument oder neue Technologien (Internet of Things, Künstliche Intelligenz und Blockchain) wirken sich zwangsläufig auch auf etablierte Unternehmungen aus.
Die Taxibranche hat es zum Beispiel verpasst, die veränderten Kundenbedürfnisse frühzeitig zu erkennen. Auch im Jahr 2018 buchte die Kundschaft ein Taxi via Telefon, wobei am Ende der Fahrt meist nur mit Bargeld bezahlt werden konnte. Das amerikanische Startup Uber nutzte diese Trägheit und gewann mit einem innovativen Serviceangebot rasant Marktanteile. An dieser Stelle sei ergänzt: über die Anstellungsbedingungen der Fahrerinnen lässt sich streiten. Nichtsdestotrotz zeigt das Beispiel, wie schnell digitale Innovationen etablierte Unternehmen in Bedrängnis bringen können.
Viele Treuhandunternehmen haben diese Gefahr erkannt und versuchen deshalb, mit geeigneten Massnahmen zu reagieren: auf der einen Seite durch den Einsatz modernster Technologien und auf der anderen Seite mit einer noch höheren Kundenorientierung. KMU profitieren dadurch von einer verbesserten betriebswirtschaftlichen Begleitung.
Was heisst das für Ihr Verhältnis zum Treuhandunternehmen?
Überprüfen Sie kritisch, wie digital Ihr eigenes Unternehmen wirklich unterwegs ist. Haben Sie zum Beispiel analoge Prozesse einfach digitalisiert, ohne diese zu hinterfragen oder neu zu denken? Funktioniert eigentlich noch immer alles so wie vorher, einfach am Bildschirm statt auf dem Papier?
Prozesse nicht nur eins zu eins digital abzubilden, sondern konkret an die neuen Möglichkeiten anzupassen ist insbesondere angesichts des Digitalen Wandels das A und O. Oder es passiert, was Thorsten Dirks, CEO von Telefónica Deutschland, bereits 2015 ausführte: "Wenn sie einen Scheissprozess digitalisieren, dann haben sie einen scheiss digitalen Prozess."
Wenn Sie mit Ihrer Digitalisierungs-Leistung zufrieden sind, wie sieht es dann mit der Zusammenarbeit mit Ihrem Treuhandunternehmen aus? Oder anders gefragt: Wie digital ist dieses aufgestellt? Schicken Sie die Belege zum Beispiel tatsächlich noch per Post? Werden selbst digital zugestellt Dokumente mangels Schnittstellen noch immer von Hand erfasst, eine teure und potenziell fehlerbehaftete Methode? Gibt Ihr Treuhandunternehmen Ihnen hilfreiche Alltagstipps mithilfe von tagesaktuellen Daten?
Stellen Sie sich (und dem Treuhandunternehmen) deshalb Fragen wie:
- Verwendet mein Treuhandpartner eine Cloud-Lösung für die digitale Zusammenarbeit mit mir?
- Gilt dies auch im Bereich Kommunikation?
- Verfügt das Treuhandunternehmen über flexible Schnittstellen für die gewünschte Integrationen Ihrer weiteren Anwendungen?
- Wie steht es um die Sicherheit der Daten? Wo werden sie gehostet?
- Wie intensiv begleitet mich mein Treuhandpartner während dem Jahr?
Die Zeiten, als Sie Belege auf Papier persönlich vorbeibringen oder per Post schicken mussten, sind definitiv vorbei. Wenn Ihr Treuhandunternehmen Ihnen keine echten digitalen Möglichkeiten dafür bietet, zum Beispiel mittels sicheren Schnittstellen, sollten Sie die Zusammenarbeit vielleicht überdenken.
Oder aber Sie weisen Ihr Treuhandunternehmen auf die Möglichkeiten hin, welche die Digitalisierung insbesondere der Treuhandbranche bringt. Mehr Effizienz, grössere Kundenzufriedenheit, Entlastung von repetitiven sowie langweiligen Aufgaben und vor allem die Chance, neue lukrative und spannende Dienstleistungen anzubieten. Speziell Letzteres führt zu einer grösseren Mitarbeiterzufriedenheit – und die ist beim akuten Personalmangel ein nicht zu unterschätzendes Asset.
Und wenn Sie wirklich digital mit Ihrem Treuhandunternehmen zusammenarbeiten, haben Sie einen weiteren Schritt in den Digitalen Wandel geschafft. Und haben mehr Zeit, genau diesen konkret anzupacken.
Autor
Kilian Perrin ist CEO der
Accounto AG in Zürich, einer Spezialistin für IT-Lösungen rund um Treuhandthemen. Das Unternehmen entwickelt eine innovative Treuhandlösung, mit der Treuhandunternehmen ihre Prozesse automatisieren und ihre Kunden noch besser mittels Daten begleiten können.
"Ein echter digitaler Treuhänder wirkt als CFO"
topsoft Redaktor Alain Zanolari im Gespräch mit Kilian Perrin
topsoft Fachredaktion: Herr Perrin, wo liegen die Vorteile für KMU, wenn das Treuhandunternehmen digital unterwegs ist?
Kilian Perrin: Ein «echter» digitaler Treuhänder wirkt als CFO. Er kann statt als reiner vergangenheitsbezogener Buchhalter aktuelle Finanzdaten nutzen, um dem KMU zukunftsorientierte Tipps fürs Tagesgeschäft zu geben. So erkennt ein digitaler Treuhandprofi zum Beispiel sofort, wenn gewisse Kennzahlen wie Produktionskosten unüblich hoch für eine gewisse Branche sind. Der Treuhandpartner macht also die verantwortliche Person im KMU bereits unter dem Jahr auf den Missstand aufmerksam und nicht erst Ende Jahr bei der Abschlussbesprechung.
Wie erkenne ich, ob dies bei meinem Treuhandunternehmen der Fall ist?
Diese Fragen sollten Sie sich stellen und die Antworten kritisch analysieren:
- Wie gross ist die Anzahl der Papierbelege, die von einer zur anderen Hand gehen?
- Ist eine weitgehend ortsunabhängige Zusammenarbeit möglich?
- Bietet das Treuhandunternehmen eine proaktive Begleitung und liefert es laufend wertvolle Inputs zu unserem Tagesgeschäft (z. B. Kosteneinsparungen oder Umsatzsteigerungsmöglichkeiten)?
Lohnt sich ein Wechsel zu einem digitalisierten Treuhänder für KMU auch finanziell?
Grundsätzlich ist ein Treuhänderwechsel immer mit viel Kosten und Aufwand verbunden. Zudem geht häufig eine langjährige und vertrauensvolle Beziehung in die Brüche. Deshalb empfiehlt es sich, die Reise ins digitale Zeitalter wenn immer möglich mit dem aktuellen Treuhänder anzugehen und gemeinsam an einer erfolgreicheren Kollaboration zu arbeiten.
Dieser Beitrag wurde ermöglicht durch Accounto AG. Das Unternehmen hilft KMU und ihren Treuhandpartnenr, auf dem Weg in eine digitalisierte und lukrative Zukunft. Denn alle haben Wichtigeres zu tun, als sich mit repetitiven Buchhaltungskram herumzuschlagen. www.accounto.ch
Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 22-4
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