Zentral - Dezentral: Planung von Einsätzen in Serviceorganisationen

05.04.2018

Klassischerweise werden Serviceeinsätze im Backoffice zentral organisiert. Dazu wurden im Laufe der Zeit viele digitale Mittel entwickelt, um dies immer effizienter zu gestalten. Dieser Ansatz war lange Zeit erfolgversprechend. Mit der zunehmenden Digitalisierung eröffnen sich aber immer mehr Möglichkeiten, die Einsatzplanung durch die Mitarbeitenden im Aussendienst selbst ergänzen oder optimieren zu lassen. Wie ist es dazu gekommen, was sind die Voraussetzungen und was bringt dies für einen Nutzen?

 

Mobiltelefonie

Die Erfindung von Mobiltelefonen, später dann auch deren Kostenentwicklung, hatte sicherlich den grössten Einfluss auf die Organisation von Mitarbeitenden im Aussendienst. Den Mitarbeitenden konnten neu Aufträge zugewiesen werden, ohne dass sie zurück in die Firma mussten. Es konnten auch Notfalleinsätze in die bestehende Planung integriert werden. Allerdings birgt gerade dieser Punkt eine grosse Gefahr: Wegen der ständigen Erreichbarkeit der Mitarbeitenden wird teilweise auf eine saubere Einsatzplanung verzichtet.

Nicht nur die Kommunikation zwischen Servicetechniker und Backoffice wurde durch das Mobiltelefon vereinfacht, sondern auch die Kommunikation zwischen Servicetechniker und Kunde wurde ermöglicht.

Man möchte meinen, dass dies in der Zwischenzeit bereits ein alter Hut ist, doch ein relativ neuer Werbespot eines Telekomanbieters bedient exakt dieses Thema.

 

GPS

Dank GPS wurde das Finden des Einsatzortes für jeden Mitarbeiter enorm erleichtert. Aber erst wenn man die Information über den aktuellen Standort auch dem Backoffice jederzeit zur Verfügung stellt, wird man den Nutzen des GPS voll ausnützen können. Bei dringenden Einsätzen sieht das Backoffice alle Standorte der Mitarbeitenden und kann so den Auftrag der dafür am besten geeigneten Person zuteilen. Der Datenschutz darf hier aber sicherlich nicht vernachlässigt werden.

Streckenoptimierung

Dank Google und Co ist es heute einfacher geworden, nicht nur den richtigen Weg zum Einsatzort zu finden, sondern auch die optimale Reihenfolge zu evaluieren. Dies wird vor allem interessant, wenn die Streckenoptimierung nicht nur lokal auf eine Person oder Tour angewandt wird, sondern bereits als Grundlage für die Tourenzusammenstellungen dient.

Skilldatenbank

Ein Auftrag fordert jeweils gewisse Fähigkeiten eines Aussendienstmitarbeitenden. Dies muss bei der Paarung von Auftrag und Mitarbeiter stets berücksichtigt werden. Dieser Vorgang kann durch eine sogenannte Skilldatenbank unterstützt werden. Darin werden sowohl die Servicetechniker mit Ihren Fähigkeiten und Ausbildungen erfasst als auch die Aufträge nach denselben Kriterien kategorisiert. Bei der Auswahl eines geeigneten Mitarbeitenden für einen Auftrag lassen sich die dafür in Frage kommenden Mitarbeitern bereits mit den geforderten Skills filtern. In einem weiteren Schritt lassen sich Daten aus einem solchen System statistisch auswerten, damit man z.B. erkennen kann, welche Fähigkeiten von den Mitarbeitenden im Verhältnis zu den Aufträgen und Anforderungen allenfalls nur knapp abgedeckt werden und somit in der deren Weiterbildung sowie der Rekrutierung von neuen Mitarbeitern berücksichtigt werden müssten.

Zentralisierte Planung

Diese und viele weitere technische Möglichkeiten haben in der Organisation dazu geführt, dass die Einsatzplanung von Servicemitarbeitenden mehr und mehr zentral in einem Backoffice vorgenommen wird. Gerade die Aussendienstmitarbeitenden selbst wissen aber, dass diese Entwicklung nicht nur positiv ist und schon gar nicht immer zu einer optimalen Planung führt. Gründe dafür können sein, dass eben doch nicht alle Daten optimal gepflegt sind oder der Fokus von Backoffice- und Aussendienstmitarbeitern nicht immer derselbe ist. Daneben sind z.B. technische Kenntnisse, welche bei der Qualifikation von Einsätzen je nachdem nötig sind, meist eher bei den Servicetechnikern vorhanden. Damit wäre der frühe Einbezug von Aussendienstmitarbeitenden wünschenswert.

Dezentralisierte Planung

Das Gegenteil einer zentral durchgeführten Planung wäre eine rein dezentrale Planung durch die Servicetechniker oder Aussendienstmitarbeitenden selbst. Dies dürfte in vielen Organisationen eher im Chaos als in einem Effizienzgewinn enden. Wir werden in nächsten Jahren aber eine Tendenz miterleben, in welcher die Aussendienstmitarbeitenden enger in die Planung ihrer Einsätze eingebunden werden. Wie kann aber so eine Konstellation überhaupt funktionieren und effizienter sein als eine rein zentrale Planung? Es müssen eine Reihe von Voraussetzungen geschaffen werden, dass die zentrale Planung und die eigene Planung der Servicetechniker Hand in Hand gehen und sich somit ergänzen.

Technische Voraussetzungen

Als erster Schritt müssen so viele Informationen wie möglich den Aussendienstmitarbeitenden mobil zur Verfügung gestellt und von diesen gepflegt werden können. Damit kann man eine Kultur schaffen, in welcher Datenpflege nicht nur Arbeit, sondern auch einen konkreten Nutzen darstellt.

Was ist unter diesen «Informationen» zu verstehen? Dies sind z.B. neben den Adressen und Kontaktinformationen der Kunden auch die dort «installierte Basis». Darunter sind die Geräte oder Installationen bei den Kunden zu verstehen, welche z.B. durch Servicetechniker repariert und unterhalten werden müssen. Dabei kann es sich einerseits um statische Informationen wie Apparate-Typ, Standort, Installationsdatum und viele weitere Stammdaten handeln. Daneben ist es aber unerlässlich, dass die Mitarbeitenden auch die Historie der Geräte, wie vergangene Serviceeinsätze und Reparaturen, aber auch die Infos über mögliche Service Level Agreements (SLA) mobil einsehen können. Gemeint ist also damit auch die digitale Form des bekannten Serviceheftchens.

Der Kalender der Servicemitarbeitenden ist als weiteres zentrales Element zu verstehen. Dieser muss relativ akkurat geführt sein und von verschiedenen Seiten eingesehen sowie gepflegt werden können. Der Kalender ist als Führungsinstrument zu betrachten, damit sowohl der Techniker als auch das Backoffice die Übersicht über alle Aufträge haben, welche bereits eingeplant sind. Aber damit auch über alle Techniker und deren Auslastung Auskunft gegeben werden kann.

Organisatorische Voraussetzungen

In einem System, wo mehrere Personen in einer Planung mitwirken, muss sichergestellt werden, dass der Planstatus eines Einsatzes einsehbar ist: Wurde dieser bereits einem spezifischen Mitarbeiter zugewiesen? Was wurde mit dem Kunden vereinbart? Wurde dem Kunden bereits ein Termin mitgeteilt? Neben der Sichtbarkeit dieser Informationen ist es unabdingbar, dass Abläufe und Prozesse bei der Planung in einer Serviceorganisation klar und transparent gehandhabt werden. Wer plant wann warum wie einen Einsatz? Wie wird das intern und extern kommuniziert?

Ursprung von Einsätzen

Um eine kombinierte Planung von Backoffice und Servicemitarbeitenden zu ermöglichen, ist es wichtig zwischen geplanten und ungeplanten Einsätzen zu unterscheiden und auch deren Herkunft (Präventive-Einsätze, vorausschauende Einsätze, Notfalleinsätze etc.) zu kennen. Damit lassen sich Abläufe etablieren, welche eine gemischte Planung mit zentralen Aspekten (durch ein Backoffice) und dezentrale Aspekte (durch Aussendienstmitarbeitende) ermöglichen.

Konkrete Beispiele

Präventive Einsätze, welche durch Wartungsverträge gedeckt sind, können durch das Backoffice den Mitarbeitenden in Pools zur Verfügung gestellt werden. Die Techniker können sich diese selbst zuweisen, einen Termin mit den Kunden vereinbaren und den Auftrag erledigen. Somit sind sie in der Lage Tagespläne zu erstellen, welche für sie selbst optimal sin.

Notfalleinsätze, welche z.B. durch den Kunden per Telefon im Backoffice eingehen, können direkt durch dieses terminiert und geplant werden: passender Techniker (nahe, verfügbar, richtige Skills etc.). Der Mitarbeiter sieht diesen Auftrag in seinem Kalender oder in einer persönlichen Aufgabenliste und kann diesen erledigen.

Sogenannte Predictive-Einsätze oder «vorausschauende Einsätze» werden z.B. von Maschinen oder Geräten selbst ausgelöst und in die Serviceorganisation eingebracht. Das Backoffice kann diese Einsätze qualifizieren und priorisieren. Abhängig von der Dringlichkeit können sie diese dann entweder direkt für einen Techniker einplanen oder ebenfalls in einem Pool von offenen Aufträgen den Mitarbeitenden zur Verfügung zu stellen.

 

Was ist Planung? 

Bevor man sich mit zentraler oder dezentraler Planung auseinandersetzen kann, muss der Begriff der Planung zuerst geklärt werden. Im Fall einer Serviceorganisation stehen sich Aufträge und Mitarbeiter gegenüber. Diese müssen so miteinander verknüpft werden, dass stets passende Mitarbeiter den jeweiligen Aufträgen zugewiesen werden. Denn so wird der Auftrag optimal erledigt. In einer abstrakteren Betrachtungsweise kann man Nachfrage (Aufträge) und Angebot (Servicetechniker, Ressourcen) erkennen. Diese müssen sich zu allen Zeiten die Waage halten. Alle Aktivitäten, welche dies bewirken, nennt man Planung.

 

Autor:

Matthias Baumgartner berät Unternehmen bei der Auswahl und Einführung von Business Software Lösungen und ist Mitglied des Consulting Teams von schmid + siegenthaler consulting gmbh.

 

 

Veranstaltungstipp:

Am Software Contest vom 11. April 2019 geht es um die Digitalisierung von Serviceprozessen und auch darum, wie das ERP bei der Planung der Einsätze helfen kann. Mehr erfahren Sie laufend auf der Eventseite.