Digitaler Posteingang – endlich Schluss mit den Vorurteilen

03.04.2024
5 Min.

Der digitale Posteingang verspricht nicht nur Effizienzsteigerung, er revolutioniert auch die Unternehmensprozesse – insbesondere bei direkter Integration in die Business IT. Trotz der offensichtlichen Vorteile zögern viele Firmen jedoch noch. Im Gespräch mit führenden Anbietern digitaler Posteingangslösungen konfrontieren wir sie mit den häufigsten Bedenken – ihre Antworten entkräften gängige Mythen.

Indiskret, nicht sicher, den Preis nicht wert… Die Vorurteile gegenüber dem Digitalen Posteingang sind ebenso hartnäckig wie zahlreich. Doch stimmen sie? Das wollten wir von den zwei wichtigsten Playern wissen.

 

 

Befragt haben wir Andrea Elmer, Mitglied der Geschäftsleitung bei PEAX AG und Linus Rudolph, Business Owner ePost bei Klara Business AG. Wir geben hier die Antworten aus Platzgründen auszugsweise wieder. Unten finden Sie die Links zu den vollständigen Interviews.

 

topsoft Fachredaktion: Wie steht es um die Privatsphäre? Viele sagen: «Ich will nicht, dass jemand meine Post öffnet und liest!»

Andrea Elmer: Anders als beim manuellen Scannen im Büro wird bei einem professionellen Scanservice die Post nicht von Hand, sondern maschinell geöffnet. Im Scanning Center werden die Briefe weitestgehend maschinell und automatisiert verarbeitet: vom Sortieren, Öffnen, Scannen, Einliefern in den digitalen Briefkasten bis hin zur 30-tägigen Archivierung. Vom Scanning-Center wird das Dokument verschlüsselt an den digitalen Briefkasten übergeben und ist dort, ebenso verschlüsselt, einzig für den User bzw. die Userin zugänglich.

Linus Rudolph: ePost nutzt ein abgesichertes Scanningzentrum. Die Schweizerische Post garantiert das Postgeheimnis nicht nur bei physischen, sondern auch elektronischen Sendungen und steht damit für Vertraulichkeit, Sicherheit und Diskretion ein. Sämtliche von ePost gescannten Dokumente und Daten werden mehrstufig verschlüsselt und in der Schweiz gespeichert. Das Lesen der Dokumente ist nur für die jeweilige Kundin möglich, nicht aber für Mitarbeitende von ePost oder gar Dritte.

 

Was sagen Sie zu «Datenschutzbedenken» bezüglich sensibler Daten in der Cloud. Wie steht es um die Sicherheit der Daten?

Andrea Elmer: Im Gegensatz zur gängigen Meinung bringt eine gute Cloud-Lösung nicht weniger, sondern mehr Sicherheit. Bei On-Premise-Lösungen sind die Unternehmen selbst dafür verantwortlich, ihre Infrastruktur zu warten, upzudaten und zu schützen. Ein qualifizierter und zertifizierter Schweizer Cloud-Anbieter, wie wir ihn bei PEAX nutzen, erfüllt höchste Sicherheitsstandards und stellt diese rund um die Uhr sicher.

Linus Rudolph: Wie oben erwähnt, werden die Daten mehrfach verschlüsselt und können nur mit einem Personal Key gelesen werden. Aus Sicherheitsgründen erfolgt die redundante Datenspeicherung nicht an einem zentralen Ort, sondern an mehreren unterschiedlichen Orten in der Schweiz. Die ePost-App erfüllt die höchsten IT- und Datensicherheits-Standards der Schweizerischen Post.

 

Können Sie Zahlen bezüglich Einsparungen nennen, wenn der Posteingang konsequent digitalisiert und automatisch weiterverarbeitet wird?

Andrea Elmer: Zeitlich liegen die Einsparungen für die Verarbeitung der Post bei mindestens 50 %, nutzt man den digitalen Briefkasten in Kombination mit einer automatisierten Buchhaltung, können sogar bis zu 70 bis 80 % des Aufwandes bzw. der Kosten eingespart werden. Dank diesen Einsparungen werden in den Unternehmen Ressourcen frei, die für wertschöpfende Tätigkeiten eingesetzt werden können anstatt für repetitive, manuelle Verarbeitungen und Erfassungen.

Linus Rudolph: Das konkrete Sparpotenzial hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören die Branche, Organisation und Grösse des Unternehmens sowie die bisherigen internen Prozesse. Effizienzgewinne ergeben sich bezüglich Abholen, Öffnen, Sortieren und Verteilen der physischen Post. Das gesamte manuelle Handling entfällt. Nicht zu unterschätzen sind auch die Vorteile der automatischen Triage durch ePost: Die Erkennung des Adressaten bzw. der Abteilung hilft, dass die Dokumente zu den richtigen Personen gelangen.

 

Gibt es Zahlen, zur Ökobilanz? Wie viel CO2 z. B. eingespart werden kann?

Andrea Elmer: Der digitale Briefkasten allein verbessert die Ökobilanz noch nicht, dann nach wie vor werden riesige Mengen an Papierpost versandt (1,6 Milliarden Briefe jährlich). Nur indem wir diese Post einscannen, wurde weder Papier noch fossile Brennstoffe oder Strom gespart. Allerdings sind wir bestrebt, mit der hybriden Lösung (physische und digitale Eingangskanäle) die Verlagerung von der physischen zur digitalen Post voranzutreiben.

Linus Rudolph: Gemäss einer Studie von SIX aus dem 2023 beträgt der durchschnittliche CO₂-Ausstoss pro Papierrechnung gut 38 Gramm CO₂-Äquivalent. Bei einer digitalen Rechnung liegt dieser Wert nur noch bei etwas über 4 Gramm. Das ökologische Potenzial ist beträchtlich und ein weiterer wichtiger Grund, diese Prozesse zu digitalisieren.

 

Haben KMU den Nutzen von konsequent digitalisierten End-to-End Prozessen erkannt? Oder schlummert da noch ein grosses Potenzial?

Andrea Elmer: Da schlummert ein riesiges Potenzial. Viele KMU glauben, sie seien bereits stark digitalisiert. Das stimmt insofern, dass viele Prozesse vom Analogen ins Digitale überführt wurden. Das volle Potenzial durchgängig digitaler Prozesse wird aber noch lange nicht ausgeschöpft. Es gibt immer noch Medienbrüche, wenig Vernetzung, kaum Automatisierung und viele manuelle, oft doppelspurige Tätigkeiten. Ein digitaler Briefkasten ist ein optimaler Ausgangspunkt, um Abläufe wie den Kreditorenprozess von Anfang an digital aufzusetzen und automatisierte, toolübergreifende Prozesse zu implementieren. Digitale Transformation anstelle von Digitalisierung.

Linus Rudolph: Wir stehen in einem engen Austausch mit bestehenden, aber auch potenziellen Kundinnen und Kunden. Festzuhalten ist, dass in sehr vielen Betrieben noch grosses Potenzial schlummert. Die Skepsis gegenüber der Digitalisierung ist zuweilen hoch, häufig möchte man den Weg nur in kleinen Schritten gehen. Unser zentraler Ansatzpunkt heisst deshalb «digitale Transformation». Es geht nicht darum, die bestehenden analogen Prozesse nachzubilden. Vielmehr wollen wir unseren Kundinnen und Kunden helfen, im Zug ihrer Transformation neue, optimierte und digital durchgängige Prozesse zu schaffen.

 

Ihre Carte-Blanche: Was geben Sie den Lesern und Leserinnen zum Thema mit auf den Weg?

Andrea Elmer: Der entscheidende Faktor, ob digitale Transformation gelingt oder nicht, ist nicht die Technologie. Der entscheidende Faktor ist der Mensch und sein Mindset. Die Frage ist, ob wir unsere Prozesse tatsächlich digitaler, effizienter, durchgängiger gestalten wollen oder nicht. Sichere und gut funktionierende Technologie dazu gibt es längst.

Linus Rudolph: Die bestehenden Prozesse sind in vielen Firmen suboptimal, insbesondere weil sie zu Medienbrüchen führen (Dokument wird digital empfangen, dann ausgedruckt und wieder eingescannt / Dokument wird auf Papier empfangen und muss eingescannt werden etc.) Digitale Post ist deshalb ein sehr wichtiger «Enabler» für das Optimieren respektive Transformieren von Prozessen. Nach unseren Erfahrungen darf vor allem der interne Nutzen nicht unterschätzt werden: Wenn die gesamte Post digital empfangen und bearbeitet werden kann, erspart dies unzählige Irrläufer, Rückfragen, Suchaktionen und Streitigkeiten.

 

Vielen Dank für das interessante Gespräch.

 

Das gesamte Interview mit Andrea Elmer finden Sie hier, dasjenige mit Linus Rudolph hier

 

Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 24-1

 

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