Produktdaten-Strategie – von der Customer Journey zu Produktdaten

09.08.2023
5 Min.
Perfekte Produktdaten dienen dazu, die Kundschaft zum Kauf zu animieren, die Retourenquote zu senken und die Konkurrenzfähigkeit zu erhöhen. Doch warum sind korrekte Artikeldaten so wichtig und worauf muss man als Anbieter besonders achten? Erfahren Sie mehr in diesem Fachartikel.
 

Symbolbild erstellt mit KI

 
Gute Produktdaten gewinnen in Online-Shops an Bedeutung und bilden die Basis für Differenzierungsmerkmale. Die Produktdetailseite eines Online-Shops mit Produktbeschreibungen, Produktmerkmalen, Produktbildern usw. ist der häufigste Berührungspunkt bzw. Touchpoint für die Verwendung von Produktdaten. Dies ist jedoch nur einer von vielen zwischen Anbieter und Kundschaft.
 
Digitale und physische, externe und interne Touchpoints, welche Produktdaten benötigen, sind:
  • Eigene Online-Shops
  • Online-Shops von Vertriebspartnern
  • Mobile Apps
  • Online-Marktplätze
  • Newsletter
  • Social-Media-Plattformen
  • In-Store-Displays
  • Kundensupport
  • Kataloge und Broschüren
  • Preislisten
  • Regaletiketten
  • POS-Materialien
 

Produktdaten und PIM

Um die Produktdaten effizient zu verarbeiten und eine gute Datenqualität sicherzustellen, benötigt man ein PIM (Product Information Management). Wenn man die Produktdaten verbessern möchte oder ein neues PIM einzuführen gedenkt, stellt sich die Frage: «Welche Produktdaten benötigen wir genau?»
 
Dann ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um über eine Produktdatenstrategie nachzudenken.
 
Es versteht sich von selbst, dass die Produktdatenstrategie der Unternehmensstrategie untergeordnet ist. Die Frage ist: Passt diese noch?
 

Produktdaten-Strategie beginnt bei der Customer Journey

Ein Erfolgsfaktor ist die Kundenzentrierung. Je besser ein Unternehmen es schafft, nicht nur die Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen, sondern die Erwartungen zu übertreffen, Begeisterungsmomente zu generieren und gute Kundenerlebnisse (Customer Experience) über die gesamten Reise der Kunden durch den Kaufprozess (Customer Journey) zu schaffen, desto nachhaltiger ist der Erfolg.
 
Eine Produktdatenstrategie beginnt deshalb auch bei der Customer Journey.
 
Mit anderen Worten: Produktdaten beeinflussen die Customer Journey sowie die Customer Experience und helfen, diese zu verbessern. Dieses Potenzial sollten wir nutzen und das Ganze systematisch angehen.
 
In Zusammenhang mit Produkten spricht man auch von der Product Experience, der Erfahrung, die jemand während der Customer Journey mit einem Produkt hat.
 

Schritte im Kaufprozess und Kunden-Erwartungen 

Je nach Branche kann die Customer Journey von der ersten Inspiration für einen Produktkauf über die Recherche, die Evaluation, den eigentlichen Kauf inklusive des After-Sales sehr unterschiedlich aussehen. Speziell im B2B-Bereich ist die Vielfalt an Customer Journeys gross.
 
Die Customer Journey mit all ihren Varianten muss bekannt bzw. erarbeitet sein. Idealerweise hat man als Basis dazu auch die sogenannten Personas erarbeitet.
 
 
Für jeden Schritt im Kaufprozess können nun die Erwartungen der Kunden zusammengetragen werden, wobei diese in der Regel für unterschiedliche Personas verschieden ausfallen. Die Frage ist: 
 
«Wie erhöhen wir die Chance, dass die Persona von einem Schritt im Kaufprozess in den nächsten wechselt?»
 
Je einfacher wir die Interaktionen mit unserem Unternehmen für potenzielle und bestehende Kunden gestalten, Hürden minimieren und den Kauf vereinfachen, desto höher werden die Erfolgsrate und die Conversion Rate sein.
 

Touchpoints und Erlebnisse

Was können wir anbieten, um die Wünsche und Erwartungen der Kunden zu befriedigen? Wie können wir welche Persona an welchem Touchpoint begeistern und welchen Nutzen generieren wir damit? Und wie können wir die Erwartungen nicht nur erfüllen, sondern übertreffen?
 
Je besser es uns gelingt, eine Person zu begeistern, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie in den nächsten Schritt der Customer Journey wechselt und es zu einem Kauf kommt.
 
Um die Kundenbedürfnisse und unsere Lösungen als Unternehmen zusammenzutragen bzw. zu erarbeiten, eignet sich das Value Proposition Canvas als Werkzeug hervorragend. Die Ergebnisse der bisherigen Überlegungen sind für jede Art von Unternehmen essentiell. Sie können für die Weiterentwicklung der Produkte und Services des Unternehmens verwendet werden und haben nicht zwingend mit Produktdaten zu tun.
 
Bedenken Sie: Wenn Sie sich Gedanken zur Präsentation der Produkte an den eigenen Touchpoints wie dem Online-Shop oder den Stores machen, sind wahrscheinlich Themen wie Branding, Werte, Service-Qualität usw. weniger im Fokus. Bei den eigenen Touchpoints haben Sie neben der Darstellung der Produkte genügend Möglichkeiten, um diese Themen zu adressieren. Anders sieht es bei fremden Touchpoints wie z. B. Online-Marktplätzen aus. Meistens beschränken sich Ihre Möglichkeiten auf die Darstellung und Präsentation der Produkte. Überlegen Sie, ob und wie Sie Themen wie Branding etc. in den Produktdaten unterbringen wollen bzw. müssen.
 

Funktionen und Daten

Um den Fokus auf die Produktdaten zu legen, überlegen wir uns nun, wie wir die gewünschten Kundenerlebnisse umsetzen wollen. Konkret stellen wir uns die Fragen:
  • Welche Informationen und Funktionen wollen wir an welchem Touchpoint anbieten?
  • Welche Daten und insbesondere welche Produktdaten benötigen wir dazu?
 
Hier eine Auswahl von Funktionen, welche Produktdaten bzw. Daten auf Produktebene benötigen:
  • Variantendarstellung
  • Sortierfunktion
  • Filter
  • Online-Berater
  • Konfiguratoren
  • Vergleichsfunktion
  • Click-and-Collect-Prozesse
  • Lieferkostenberechnung
 
Ein Beispiel: Wenn im Online-Shop eines Werkzeughändlers in der Kategorie Bohrmaschine ein Filter für die Schlagfunktion angeboten werden soll, dann benötigt man dazu ein Attribut namens Schlagfunktion.
 
Es lohnt sich auch, einen anderen Blick auf die Produktdaten zu werfen und zu fragen: Welchen Nutzen haben Produktdaten? Hier einige Möglichkeiten:
  • Präsentation des Produkts
  • Erklärung des Produkts
  • Produkt kaufbar machen
  • Produkt auffindbar machen
  • Entscheidungshilfe für Kunden
  • Fragen der Kunden beantworten
  • Vertrauen stärken
  • Kompetenz zeigen
  • Reduktion der Retourenquote
  • Funktionen ermöglichen
  • Prozesse ermöglichen
  • Datenanalyse z. B. für Sortiments-Management
 
Dieser «andere Blick» kann durchaus zusätzliche Inspirationen bieten, welche Elemente zusätzlich in die Produktdaten integriert werden sollten.
 

Produktdatenqualität

Das Thema der Qualität der Produktdaten wird oft unterschätzt. Insbesondere ist man sich oft nicht bewusst, welche Ausprägungen die Datenqualität haben kann.
 
Ausprägungen der Datenqualität:
  • Vollständigkeit: Ist alles vorhanden was benötigt wird, z. B. Bilder?
  • Korrektheit: Stimmen die Daten? Passen z. B. die Werte zu den Einheiten?
  • Aktualität: Sind die Daten noch aktuell? z. B. Lager-Bestand
  • Konsistenz: Sind die Werte bei allen Produkten einheitlich gepflegt?
  • Relevanz: Ist es sinnvoll, die Daten zu zeigen?
  • Verständlichkeit: Versteht die Zielgruppe die Bezeichnungen der Attribute und Werte?
  • Gültigkeit: Sind die Daten noch gültig?
 
Machen Sie sich bitte für alle Elemente der Produktdaten Gedanken zur gewünschten Datenqualität. Für welche Sortimente benötigen Sie bei welchen Produktdaten welche Qualität?
 
Für unser Beispiel mit der Bohrmaschine und dem Attribut Schlagfunktion könnten die Anforderungen bezüglich der Datenqualität lauten:
  • Das Attribut darf nur zwei Werte haben: Mit Schlagfunktion und ohne Schlagfunktion.
  • Das Attribut muss bei allen Bohrmaschinen und Akkuschraubern vorhanden und gepflegt sein.
 
Ohne diese Datenqualität wäre der Filter Schlagfunktion nicht wirklich nutzbar.
 

Datenquellen

Im nächsten Schritt muss analysiert und definiert werden, von welchen Datenquellen welche Elemente der Produktdaten bezogen werden können. Dabei muss auch die Qualität der Daten passen.
 
Im Beispiel der Bohrmaschine könnte es sein, dass verschiedene Hersteller und Lieferanten Daten für Bohrmaschinen in unterschiedlichen Formen und Qualitäten liefern. Bei einem Händler mit mehreren Lieferanten ist davon auszugehen, dass es einen bunten Strauss aus Datenumfang und Qualität gibt. Einige der Daten können 1:1 von den Lieferanten verwendet werden, während bei anderen Quellen manueller Pflegeaufwand notwendig sein wird.
 

Datenflüsse, Prozesse und Systeme

Abhängig von den benötigten Daten, der notwendigen Datenqualität, den aktuellen und künftigen Datenquellen können die Datenflüsse sowie die Datenpflegeprozesse konzipiert werden.
 
Die bestehenden Systeme müssen berücksichtigt und auf Eignung überprüft werden, ggf. muss ein neues PIM in Betracht gezogen werden.
 

Fazit

Die Produktdaten bestehen nicht nur aus einem Textblock auf der Produktdetailseite eines Online-Shops. Produktdaten gewinnen in der immer stärker digitalisierten Welt eine höhere Bedeutung. Das Potenzial, mit Produktdaten die Customer Journey positiv zu beeinflussen, darf nicht unterschätzt werden. Nutzen Sie dieses Potenzial und beginnen Sie, die Produktdaten aus der Perspektive des Kunden zu betrachten!  
 
 
 

Der Autor

 
Walter Oberli ist erfahrener Digital-Experte mit einem Fokus auf Digital Commerce, PIM und Produktdaten sowie Inhaber der Digital Enthusiast GmbH. www.digital-enthusiast.ch
 
 

Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 23-2

 

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