Wo bleibt der Mensch? Wie Software-Faszination und KI den Blick aufs Wesentliche trüben

02.04.2024
2 Min.

Vera Brannen fragt sich in Ihrer Kolumne, wo bei dem Aufhebens um Marketing Automation und Customer Experience denn in den ganzen Zahlen genau noch der Mensch zu finden ist.

 

Anwendungen für Marketing Automation und Customer Experience (CEX) spriessen wie Pilze aus dem Boden. Künstliche Intelligenz ist dabei ein medienfüllendes Thema.

Die Dashboards präsentieren hübsche Graphen, Zahlen und Statistiken. Doch messen wir das Richtige? Ein Beispiel: Andrea, 45, Pendlerin liest täglich 18 Minuten die NZZ online App. Was die Daten nicht beantworten ist das Warum. Welche Themen ihr wichtig sind und wobei sie ihr helfen. Der gesamte Context fehlt. Gemäss Forrester ist die CEX Qualität in den letzten Jahren gesunken, obwohl CEX für 80 % der Manager eine Top Priorität hat. Das liegt meines Erachtens häufig am fehlenden Context. Denn ohne Context sind Daten oft irreführend.

Verstehen: Es braucht ein tiefes Verständnis der mentalen Modelle, der Bedürfnisse und Motivationsfaktoren der Nutzer im Context. Das erreichen wir durch Beobachten und Befragen – indem wir den Kunden wirklich zuhören. Diese Insights bieten die Basis für kundenorientierte Optimierungen von Dienstleistungen und Produkten. Darauf aufbauend kann gemessen werden. Aber nicht umgekehrt.

Und Daten schürfen des Schürfens wegen ist ein weiteres Phänomen: Ich bei einem Kunden: «Tolle Kundendaten – wirklich hilfreich, was Sie erheben. Was machen Sie mit all den Daten?» Und die Antwort:

«Die präsentieren wir einmal monatlich dem Management.» Kein Einzelfall. Leider.

Struktur: Entscheidend ist, dass Prozesse, Verantwortlichkeiten und klare Ziele für die spezifische Verbesserung der Kundenorientierung definiert sind. Und dass die Verantwortlichen die Mitarbeitenden bei der Optimierung von Produkten und Dienstleistungen unterstützen. Software ist das eine – die Nutzung und Umsetzung der Insights das andere. Wie können die Rahmenbedingungen und Prozesse so gestaltet werden, dass die kundenorientierte Arbeit möglichst einfach und für die Mitarbeitenden nachvollziehbar ist?

Fokus: Dafür braucht es eine Roadmap – manche nennen es CEX-Strategie. Klare Leitplanken, die definieren, was CEX für das Unternehmen bedeutet, für Prozesse, das Einholen der Kundenstimme, Leadership und Kultur.

Denn Kundenorientierung basiert trotz und mit aller arbeitsunterstützenden CEX & CRM Software auf

  • der Einbettung in die Unternehmens- und Markenstrategie
  • dem Erfüllen der Kernbedürfnisse der Nutzer im jeweiligen Context und
  • der Haltung und dem Verhalten aller Mitarbeitenden – der CEX-Kultur eines Unternehmens

Damit Kundenorientierung seine gesamte Wirkung entfalten kann.

 

Vera Brannen ist Beraterin für Kundenorientierung & Veränderungsmanagment. www.verabrannen.chWöchentliche Beiträge gibt es auch auf LinkedIn.

Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 24-1

 

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